Miteinander mittendrin: Inklusion in der KUUSK-Region

Inklusion und Integration am Arbeitsmarkt
Eine Chance für die Region

(c)Chris Borg

Eine starke Region lebt von der Vielfalt ihrer Menschen – und das gilt auch für die Arbeitswelt. Inklusion und Integration sind nicht nur gesellschaftliche Verpflichtungen, sondern vor allem wirtschaftliche Chancen. In der KUUSK-Region setzen wir auf einen offenen Arbeitsmarkt, in dem Herkunft, Religion,
Staatszugehörigkeit, Kultur oder gesundheitliche Herausforderungen keine Hürden, sondern Bereicherungen sind.

Warum ist das wichtig?
Weil „besondere Menschen“ besondere Perspektiven mitbringen. Wer Vielfalt in Unternehmen fördert, gewinnt nicht nur Fachkräfte, sondern auch neue Ideen, kreative Lösungen und ein starkes Miteinander. Diversität steigert die Innovationskraft, stärkt das soziale Gefüge und macht die gesamte Region
zukunftsfit.

Das KUUSK Regionalmanagement setzt sich dafür ein, dass Unternehmen, Institutionen und Arbeitssuchende gleichermaßen von dieser Offenheit profitieren. Denn jeder Mensch verdient eine faire Chance – und unsere Region wächst mit jedem Einzelnen, der seine Fähigkeiten einbringen kann.

Warum Inklusion und Integration den Arbeitsmarkt bereichern:

Vielfalt schafft Innovation
Unterschiedliche Hintergründe bringen
neue Perspektiven in Unternehmen ein.
Menschen mit verschiedenen
Lebenserfahrungen finden kreative Lösungen und helfen, den Blick über den Tellerrand zu wagen.

Geringere Fachkräfteknappheit
Ein offener Arbeitsmarkt bedeutet, alle
Potenziale zu nutzen – insbesondere in
Zeiten des Fachkräftemangels. Menschen mit Handicap oder Migrationshintergrund sind oft
hochqualifiziert, brauchen aber gezielte Chancen.

Höhere Mitarbeitermotivation
Unternehmen mit einer inklusiven
Unternehmenskultur haben oft loyalere,
motiviertere und produktivere Teams.
Wer sich geschätzt fühlt, bringt sich
stärker ein.

Gesellschaftlicher Zusammenhalt
Wenn möglichst viele Menschen am
Wirtschaftsleben teilhaben, profitieren nicht nur Unternehmen, sondern die gesamte Region. Einkommen bleiben in der Region, Kaufkraft steigt, und soziale Spannungen werden reduziert.

Wie sich Inklusion konkret auf den Arbeitsmarkt auswirkt und welche
Herausforderungen damit verbunden sind, erklärt Florian Krois:

Florian Krois über Inklusion am Arbeitsmarkt
Herausforderungen, Chancen und Maßnahmen

Florian Krois ist seit 01.11.2022 Leiter des Arbeitsmarktservice (AMS) Kufstein und damit täglich mit den Entwicklungen und Herausforderungen des regionalen Arbeitsmarkts konfrontiert.

Der 53-jährige Kramsacher ist bereits seit mehr als einem Jahrzehnt im AMS tätig, zunächst in der beruflichen Rehabilitation und später als stellvertretender Abteilungsleiter. In seiner aktuellen Funktion liegt sein Fokus insbesondere auf der Bekämpfung des Fachkräfte- und Arbeitskräftemangels sowie der gezielten Förderung von Menschen mit besonderen Herausforderungen.

Ein zentrales Thema ist für ihn die Inklusion: Wie können Menschen mit Einschränkungen erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert werden? Welche Fördermöglichkeiten gibt es für Unternehmen? Und was müsste in Kufstein getan werden, um die Inklusion weiter zu stärken? Im Interview gibt Florian Krois einen Einblick in die aktuellen Entwicklungen und notwendigen Maßnahmen.


Welche Bedeutung hat Inklusion speziell für den Arbeitsmarkt in Kufstein und Umgebung?
Zunächst ist mir wichtig zu betonen:
Das Arbeitsmarktservice begleitet und berät ganz unterschiedliche Menschen – man muss nicht arbeitslos sein, um unsere Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Wenn es um Personen mit
besonderen Herausforderungen geht, sind wir eng mit verschiedenen Partnerorganisationen vernetzt, unter anderem der Arbeitsassistenz Tirol (ARBAS). In meiner Zeit als RehaBerater habe ich diese Vernetzung am Häufigsten genutzt.
Die Arbeitsassistenz unterstützt nicht nur bei der Bewerbung, sondern auch im Unternehmen selbst: Sei es durch die Anpassung von Arbeitsplätzen, die Begleitung der betroffenen Person oder die Einschätzung, welche Tätigkeiten machbar sind. Eine erfolgreiche Inklusion trägt wesentlich zum sozialen Miteinander und zu mehr Toleranz bei – das spiegelt sich auch in den Rückmeldungen der Unternehmen wider. Viele berichten, dass sich durch inklusives Arbeiten das Betriebsklima verbessert hat. Natürlich ist nicht jeder perfekt, aber wenn jemand an der richtigen Stelle eingesetzt wird, kann er
hervorragende Arbeit leisten.
Für Unternehmen ist gelebte Inklusion zudem eine Imageverbesserung. Es zeigt: „Wir sind ein soziales Unternehmen und geben Menschen mit besonderen Herausforderungen eine Chance.“ Viel entscheidender als das Image ist jedoch das notwendige Umdenken bei Unternehmer:innen.
Denn jeder Mensch, der längere Zeit arbeitslos ist, hat meist Problemlagen, die sich über Jahre hinweg verfestigt haben. Gleichzeitig gibt es viele niederschwellige Tätigkeiten im Alltag, die gut ausgelagert werden können – und genau hier können Menschen mit Einschränkungen wertvolle Arbeit leisten. Das entlastet andere Mitarbeiter:innen und schafft Ressourcen.

Gibt es lokale Förderprogramme, die Betriebe bei der Einstellung von Menschen mit Beeinträchtigungen unterstützen?
Ja, wir arbeiten eng mit dem Sozialministerium, dem ÖZIF (Österreichisches Zentrum für Inklusion und Förderung) sowie mit der geschützten Werkstätte in Vomp zusammen. Auch viele Betriebe in der Region sind bereit, geschützte Arbeitsplätze zu schaffen. Ein besonders wertvolles Instrument ist die Arbeitserprobung: Wenn wir eine geeignete Stelle finden, kann die betroffene Person bis zu vier Wochen lang im Unternehmen arbeiten – während dieser Zeit bleibt sie über das AMS versichert. Für den Betrieb entstehen keine Kosten und kein administrativer Aufwand. Gleichzeitig begleitet die Arbeitsassistenz diesen Prozess und bewertet gemeinsam mit dem Unternehmen, ob eine langfristige Anstellung realistisch ist.
Für viele Menschen mit Einschränkungen ist eine Vollzeitstelle nicht möglich, was die Einkommenssituation erschwert. Hier greift die Kombilohn-Beihilfe: Dabei wird das Einkommen für ein bis drei Jahre aufgestockt, um eine schrittweise Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Zusätzlich gibt es gesetzliche Regelungen zur Inklusion: Betriebe mit mehr als 25 Mitarbeiter:innen sind verpflichtet, mindestens eine Person mit Behinderung einzustellen. Dafür gibt es wiederum Förderungen in Form von Lohnkostenzuschüssen. Natürlich stellt kein Unternehmen allein wegen einer Förderung jemanden ein – aber es braucht Anreize, um die Bereitschaft für eine inklusivere Gesellschaft zu fördern.

Wie viele Arbeitssuchende mit besonderen Bedürfnissen sind aktuell in Kufstein beim AMS gemeldet?
Aktuell haben wir 2.697 vorgemerkte Personen – darin enthalten sind auch jene, die sich in Schulungen oder Ausbildungen befinden oder saisonbedingt zwischengeparkt sind, etwa aus dem Bau- oder Gastgewerbe. Davon haben 711 Personen ein ärztliches Attest, das eine beruflich relevante Einschränkung bescheinigt.
Weitere 53 Personen besitzen einen Behindertenpass, der eine Behinderung von über 50 % nachweist. Zusätzlich gibt es 104 Personen mit einem Feststellungsbescheid des Sozialministeriums, die ebenfalls über 50 % beeinträchtigt sind.
Weitere 21 Personen befinden sich noch im Abklärungsprozess.
Die Problemlagen sind vielfältig – oft handelt es sich nicht um angeborene Behinderungen, sondern um erworbene Einschränkungen, etwa durch soziale Fehlanpassungen, Alkohol- oder Drogenprobleme. In diesen Fällen gibt es meist keine offiziellen Atteste, aber dennoch erheblichen Unterstützungsbedarf.

Welche Branchen in der Region bieten die besten Chancen für inklusive Beschäftigung?
Es gibt zahlreiche offene Stellen – aber bevor ein Unternehmen klagt, dass es kein Personal findet oder nicht mit voller Auslastung arbeiten kann, sollte es sich überlegen, einem Menschen eine Chance zu geben, der vielleicht nicht von Anfang an auf der Wunschliste stand. Oft entstehen daraus großartige Erfolgsgeschichten.
In Kufstein sind vor allem Klein- und Mittelbetriebe sehr engagiert in der inklusiven Beschäftigung. Besonders häufig gelingt Integration im Handel (Spar, Billa, Hofer), in der Lagerlogistik, im Reinigungsbereich sowie in Altersheimen und Krankenhäusern – hier vor allem in der Küche und bei Hilfstätigkeiten.
Gerade im Tourismusbereich gibt es Potenzial: Tätigkeiten wie Abwasch, Housekeeping oder einfache Servicearbeiten können gut von Menschen mit Einschränkungen übernommen werden. Auch der demografische Wandel spielt eine große Rolle – ohne ausländische Arbeitskräfte würde die Wirtschaft in der Region nicht funktionieren. Unternehmen sollten diese Menschen gezielt ausbilden und nicht auf Panikmache setzen.

Was müsste in Kufstein getan werden, um die Inklusion in der Arbeitswelt weiter zu stärken?
Die Zahl der Menschen mit Einschränkungen, die beim AMS vorgemerkt sind, steigt. Dennoch gibt es in Unternehmen oft Unsicherheiten – viele befürchten, dass sie eine Person mit Behinderung nicht mehr kündigen können. Dabei tritt der erhöhte Kündigungsschutz erst nach vier Jahren in Kraft. In dieser Zeit können sich Betriebe ein genaues Bild machen.
Stereotype und Vorurteile sind große Hürden im Bewerbungsprozess. Dazu kommt, dass viele Arbeitsplätze nicht barrierefrei sind – fehlende Rampen oder barrierefreie Toiletten erschweren die Beschäftigung. Zudem lassen sich nicht alle Berufe anpassen. Hier wären flexiblere Arbeitszeitmodelle für Teilzeitkräfte wünschenswert.
Eine weitere Herausforderung ist die fehlende Begleitung im Unternehmen. So wie es Lehrlingsbeauftragte gibt, wäre es sinnvoll, auch Inklusionsbeauftragte in Betrieben einzusetzen. Zudem haben Menschen mit Behinderungen oft schlechtere Qualifikationen, weil es zu wenige Weiterbildungsmöglichkeiten gibt.
Viele Unternehmen wissen nicht, welche Förderungen es gibt – das wollen wir ändern. Es geht nicht nur darum, Menschen mit Behinderungen zu integrieren, sondern unser gesamtes Image zu überdenken. Wir beim AMS Kufstein sind keine reine Behörde, sondern eine dienstleistungsorientierte Institution mit einem breiten Portfolio an Förderungen, Qualifizierungen und Beratungsmöglichkeiten. Unser Ziel ist es, Bewusstsein zu schaffen: für wertvolle Arbeitskräfte und für Unternehmen, die den Schritt in Richtung Inklusion wagen.

Inklusion & Integration in der Praxis – so gelingt es!

✔ UNTERNEHMEN & BETRIEBE: OFFENHEIT LEBEN

  • Bewusstseinsbildung: Sensibilisierung der Belegschaft für Vielfaltsthemen
  • Flexible Arbeitsmodelle: Teilzeit- & Homeoffice-Angebote für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen
  • Angepasste Arbeitsplätze: Barrierefreie Büroräume und ergonomische Arbeitsmittel
  • Interkulturelle Teams fördern: Mentoring-Programme für internationale Fachkräfte

✔ BILDUNG & QUALIFIZIERUNG: CHANCEN ERÖFFNEN

  • Sprachförderung & Weiterbildung: Integration durch Qualifizierung erleichtern
  • Betriebsnahe Praktika & Lehrstellen: Besonders für Jugendliche mit Migrationshintergrund oder Behinderungen
  • Anerkennung ausländischer Abschlüsse: Fachkräfte schneller in den Arbeitsmarkt integrieren

✔ GESELLSCHAFT & POLITIK: RAHMENBEDINGUNGEN SCHAFFEN

  • Förderungen & Anreize für Betriebe: Zuschüsse für die Beschäftigung von Menschen mit Handicap oder Migrationshintergrund
  • Netzwerke & Plattformen: Regionale Initiativen für Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer
  • Gesellschaftliche Sensibilisierung: Aufklärungskampagnen über die Vorteile von Diversität

Info Box


Ein Gewinn für alle
Menschen mit Handicap oder gesundheitlichen Herausforderungen:
Sie bringen oft außergewöhnliche Talente mit, arbeiten detailgenau, sind loyal und hoch motiviert. Viele Unternehmen berichten von einer besonders hohen Identifikation mit dem Betrieb.

Internationale Fachkräfte & Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund:
Sie helfen, Fachkräftelücken zu schließen, bringen neue Arbeitsweisen ein und fördern die Innovationskraft in Unternehmen.

Langzeitarbeitslose & ältere Arbeitnehmer:innen:
Oft unterschätzt, aber eine wertvolle Stütze im Arbeitsmarkt. Sie besitzen Erfahrung, Zuverlässigkeit und eine hohe Lernbereitschaft.

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